Biodiversitätsinitiative

Fragen & Antworten

Die Quellenangaben zu allen Antworten finden sich im Argumentarium (PDF).

Fläche

Warum braucht es mehr Flächen und Mittel für die Biodiversität?

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Eigentlich weist die Schweiz eine grosse Vielfalt von Lebensräumen auf. Doch viele von ihnen wurden in den letzten Jahrzehnten auf kleinste Flächen reduziert. Und diese Flächen werden immer eintöniger und gleichen sich an. Siedlungen mit naturferner Gestaltung und Pflege sowie intensiv bewirtschaftete Gebiete nehmen zu. Damit die Natur die Kraft hat, ihre überlebenswichtigen Leistungen zu erbringen, braucht es mehr naturfreundliche Flächen und die Sicherung der bedrohten Lebensräume mit ihnen angepassten Tier- und Pflanzenarten.

Ich habe gehört, dass die Biodiversitätsinitiative 30% unserer Landesfläche schützen will. Stimmt das?

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Nein. Die 30% sind ein international vereinbartes Ziel im Rahmen der internationalen Verhandlungen zum Globalen Biodiversitätsrahmen von 2022. Sie haben mit der Biodiversitätsinitiative nichts zu tun. Die Initiative verlangt von Bund und Kantonen, die „erforderlichen Flächen“ zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität bereitzustellen. Im Initiativtext ist kein Flächenziel genannt. Nach Annahme der Initiative werden Bundesrat und Parlament und die Kantone die benötigten Flächen ermitteln. Sie werden auf fachlicher Grundlage und pragmatisch den Verfassungstext umsetzen. Schützen und Nutzen gehen Hand in Hand.

Wie viele Flächen für die Biodiversität haben wir heute denn bereits?

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Die Einschätzungen dazu unterscheiden sich stark. Selbst die Bundesverwaltung publiziert unterschiedliche Zahlen und verwendet uneinheitliche Kriterien. Entscheidend ist aber nicht allein die Fläche, sondern auch die Qualität. Unabhängig von der genauen Zahl ist klar, dass die bestehenden Flächen und ihre Qualität laut wissenschaftlicher Studien nicht ausreichen und der Zustand der Biodiversität alarmierend ist. Ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz ist gefährdet oder bereits ausgestorben. Die Hälfte der natürlichen Lebensräume ist bedroht. Wir müssen jetzt handeln, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten.

Landwirtschaft

Was bedeutet die Biodiversitätsinitiative für die Landwirtschaft?

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Die Landwirtschaft ist auf eine hohe Biodiversität angewiesen. Leistungen der Biodiversität wie Fruchtbarkeit des Bodens, funktionierende Bestäubung und ausgeglichener Wasserhaushalt sind zentrale Grundlagen für die Bäuerinnen und Bauern. Umgekehrt profitiert die Biodiversität, wenn Landwirtinnen und Landwirte ihr Land nachhaltig bewirtschaften und die Biodiversität fördern.

Wie der Bundesrat mehrmals festgehalten hat, spielt die Erhaltung der natürlichen Ressourcen und damit der Biodiversität eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der langfristigen Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln.

Die Landwirtschaft engagiert sich heute bereits für den Erhalt der Biodiversität. Gleichzeitig zeigt die Entwicklung, dass die heutigen Massnahmen für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen nicht reichen. Mit Annahme der Initiative werden Bauernfamilien besser dafür entschädigt, dass sie Sorge zur Natur tragen. Auf vielen Flächen lassen sich Schützen und Nutzen kombinieren.

Ich habe gehört, mit der Initiative sei die Ernährungssicherheit gefährdet?

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Die Biodiversitätsinitiative trägt wesentlich zur Ernährungssicherheit bei, denn ohne die Leistungen einer vielfältigen Natur nimmt auch die Produktionsleistung der Landwirtschaft ab. Bodenfruchtbarkeit, Bestäubung, Schutz vor Schadinsekten, all das erbringt die Biodiversität. Der Bundesrat sagt es so: “Um die Inlandproduktion mittel- und langfristig zu gewährleisten, ist der Erhalt der fruchtbaren Böden, der Biodiversität und der übrigen Produktionsgrundlagen von zentraler Bedeutung”.

Energie

Was bedeutet die Biodiversitätsinitiative für die Energiewende?

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Die Trägerorganisationen der Biodiversitätsinitiative befürworten den Ausbau der erneuerbaren Energien ausdrücklich, denn sie sind nötig zur Eindämmung der Klimakrise. Dieser Ausbau muss so biodiversitätsverträglich wie möglich ausgestaltet sein. Er darf die Biodiversitätskrise nicht weiter verschärfen, denn ohne eine intakte Biodiversität wird uns die Anpassung an die dramatischen Folgen des Klimawandels, wie extreme Hitze, Trockenheit und Starkregenereignisse, nicht gelingen. Biodiversitäts- und Klimakrise müssen zusammen gelöst werden.

Verhindert die Initiative den Ausbau der erneuerbaren Energien?

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Nein. Die Biodiversitätsinitiative gibt genügend Raum für den dringend nötigen Ausbau Erneuerbarer Energien. Insbesondere ändert sie nichts an den geltenden Regeln der Interessenabwägung zwischen Energieversorgung und Natur- und Landschaftsschutz.

Die Biotope von nationaler Bedeutung, in denen Anlagen für erneuerbare Energien gemäss Volksentscheid von 2017 ausgeschlossen sind, machen nur 2% der Landesfläche aus. Auf den anderen 98% ist die Interessenabwägung zwischen Schutz und Energie auch mit der Biodiversitätsinitiative weiterhin möglich.

Baukulturelles Erbe

Wieso ist der Heimatschutz Teil der Biodiversitätsinitiative?

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Seit 1962 werden Naturschutz, Heimatschutz sowie auch Landschaftsschutz im heutigen Art. 78 der Bundesverfassung gemeinsam geregelt. Der Initiativtext der Biodiversitätsinitiative folgt dieser bestehenden Systematik: Der im Initiativtext vorgeschlagene neue Artikel 78a ist eine Konkretisierung des vorhergehenden Artikels und umfasst entsprechend alle genannten Themenbereiche.

Verhindert der Ortsbild- und Denkmalschutz die Energiewende?

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Nein. Der Erfolg der Energiewende hängt nicht vom Schutz der schönen Ortsbilder und einzigartigen Baudenkmäler ab. Nur gerade 3,5 Prozent der Bauten und Anlagen in der Schweiz gelten als geschützt. Dazu gehören Wohngebäude, Kirchen, Industriebauten, militärische Festungen oder Brücken. Diese baukulturellen Juwelen sind Teil unserer Heimat und nicht nur für den Schweizer Tourismus von grosser kultureller und wirtschaftlicher Bedeutung.

Landschaften

Wieso behandelt die Biodiversitätsinitiative die Themen Biodiversität und Landschaftsqualität?

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Landschaften haben eine zentrale Funktion für die Ökologie: Sie sind Trägerinnen von Biodiversität. Es bestehen grosse Synergien zwischen dem Schutz von Landschaftsqualität und Biodiversität: Abwechslungsreiche Landschaften bieten vielgestaltige Lebensräume und weisen eine hohe Artenvielfalt auf. So spielen auch die Gebiete im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) eine wichtige Rolle für den Schutz der Biodiversität: Es handelt sich um grosse zusammenhängende Gebiete, die im Vergleich zu den ungeschützten Gebieten baulich weit weniger stark entwickelt sind und deshalb ein grosses Potential für den Schutz der Biodiversität aufweisen. BLN-Gebiete sind häufig auch Teile der nationalen Biotopinventare, was das Zusammenspiel von Landschafts- und Biodiversitätsschutz illustriert. BLN-Gebiete sind zudem unabdingbar für die ökologische Vernetzung.

Schränkt die Biodiversitätsinitiative den Ausbau touristischer Infrastrukturen ein?

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Wertvolle, abwechslungsreiche Landschaften und einzigartige baukulturelle Werte sind das Kapital des Tourismus. Die Schweiz setzt deshalb im Tourismus vor allem auf Qualität. Dies bedingt einen bewussten und schonenden Umgang mit der Natur . Ein Blick auf die Werbeplakate mit Produkten der Schweizer Bauern, von Schweiz Tourismus oder auch von Schweizer Naturpärken zeigt, wie wichtig landschaftliche Schönheit und Biodiversität als Wirtschaftsfaktor geworden sind.

Beispiele wie die Toggenburger Bergbahnen zeigen, dass ein Miteinander von Tourismus und Landschaftsschutz funktioniert. Der Chäserrugg wurde 2021 als beispielhaft für seine Energieinfrastruktur ausgezeichnet und erhielt die Auszeichnung zur Landschaft des Jahres.

Kosten

Was kostet die Biodiversitätsinitiative oder wer profitiert von den Mitteln?

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Die Biodiversität erbringt wichtige Ökosystemleistungen. Ohne sie wären die Bereitstellung von sauberer Luft, frischem Trinkwasser sowie gesunden Böden und der Schutz vor Naturgefahren unbezahlbar. Gemäss Schätzungen des Bundesrats würde ein Nichthandeln in der Schweiz ab 2050 Kosten von jährlich 14 bis 16 Milliarden Franken verursachen.

Demgegenüber stehen die vom Bundesrat errechneten zusätzlichen Kosten für den Schutz der Biodiversität, unserer Lebensgrundlage von 375 bis 443 Millionen Franken pro Jahr. Das sind 0,1 Prozent der Staatsausgaben in der Schweiz. Das müssen uns unsere Lebensgrundlagen Wert sein. Vor allem, weil wir sonst unseren Kindern und Enkelkindern Kosten in Milliardenhöhe überbürden würden.

Die Gelder für die Biodiversität sind gut investiertes Geld, denn sie stützen die lokale Wirtschaft in den Regionen und Gemeinden der ländlichen Schweiz. Rund 40% der Gelder gehen an regionale Baufirmen sowie Planungs- und Unterhaltsbüros für Gestaltungsmassnahmen, weitere rund 40% an die Landwirtschaft für die Pflege der Schutzgebiete. Der Rest finanziert Aufwände der Waldwirtschaft und der Gemeinden in den Regionen.

Wald

Kann der (steigende) Holzbedarf der Schweiz bei einer Annahme der Initiative nicht mehr aus inländischer Produktion gedeckt werden?

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Schon heute wird viel Holz in die Schweiz importiert – aber nicht, weil es an Schweizer Holz mangelt, sondern aufgrund der Preise und der Konkurrenz von Billigholz, das sehr oft nicht nach strengen Vorgaben produziert wird. Zudem fehlt es an Verarbeitungsmöglichkeiten in der Schweiz. Ein steigender Bedarf an Energieholz kann allerdings auch ohne Initiative nicht aus der inländischen Produktion gedeckt werden, ohne die nachhaltige Waldwirtschaft – ein Markenzeichen des Schweizer Waldes – zu gefährden.

Will die Initiative noch mehr Waldreservate schaffen, in denen gar keine Bewirtschaftung stattfinden kann?

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Ziel der Initiative ist ein wirksamer Schutz der Biodiversität. Im Lebensraum Wald steht es um die Biodiversität verglichen mit anderen Ökosystemen schon heute recht gut, dank einer zielführenden Gesetzgebung und der Waldpolitik. Die Ausscheidung von mehr Waldreservaten gehört zu den Zielen, die der Bundesrat bereits heute verfolgt. Dabei ist aber zu unterscheiden zwischen Naturwaldreservaten und Sonderwaldreservaten, welche zur Förderung der Biodiversität gezielt bewirtschaftet werden. Dort kann auch Holz geerntet werden. Was zur Umsetzung der Waldpolitik fehlt, ist genügend Geld - genau hier hilft die Biodiversitätsinitiative, welche mehr Mittel für die Biodiversität fordert.

Siedlungen

Fördert die Biodiversitätsinitiative auch die Natur im Siedlungsraum?

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Ja, die Biodiversität im Siedlungsraum ­– in den Gemeinden, Agglomerationen und Städten – ist für den Mensch wichtig. Naturnahe Flächen bieten Erholung und stärken das Wohlergehen, gerade von unseren Kindern. Und die Natur profitiert ebenfalls. Auch wenn viele gefährdete Arten auf andere Lebensräume wie Wälder, vielfältiges Kulturland oder Feuchtgebiete angewiesen sind, gibt es einige auf Siedlungen spezialisierte Arten, wie den Mauersegler. Wenn der Siedlungsraum naturnah gestaltet und gepflegt wird, kann er eine beachtliche Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten beherbergen. Die Biodiversitätsinitiative nimmt Bund und Kantone in die Pflicht, die biologische Vielfalt in allen Bereichen zu stärken, auch im Siedlungsraum.

Schränkt die Biodiversitätsinitiative Privatpersonen und Firmen im Siedlungsraum ein?

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Nein, die Biodiversitätsinitiative verpflichtet Bund und Kanton, mehr zu tun für Natur, in allen Bereichen, auch im Siedlungsraum. Sie richtet sich nicht an Privatpersonen oder Firmen. Es wird Aufgabe der Kantone und Gemeinden sein, die Initiative umzusetzen, vor allem auf Flächen der öffentlichen Hand. Eine naturnahe Gestaltung kann zwar zu Beginn Mittel nötig machen, doch auf längere Sicht reduziert sich der Unterhaltsaufwand massiv, wenn man die Natur wirken lässt. Viele Gemeinden sind schon heute in der Förderung der Biodiversität selber aktiv. Oder sie informieren Private und Firmen, was diese auf freiwilliger Basis tun können. Solche Anstrengungen werden mit der Annahme der Biodiversitätsinitiative gestärkt.

Gewässer

Was bewirkt die Biodiversitätsinitiative bei den Gewässern?

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Die Biodiversitätsinitiative fordert von Bund und Kantonen, den Schutz der natürlichen Lebensräume in der nötigen Qualität sicherzustellen. Das bedeutet auch verbesserten Schutz der Gewässerlebensräume. Noch bestehende Auen könnten gesichert werden. Dank personeller und finanzieller Mittel werden grössere Renaturierungen oder die Sanierung von Kleingewässern umgesetzt. Oft lassen sich Synergien mit dem Hochwasserschutz und mit der Trinkwasserversorgung herstellen.

Warum sind naturnahe Gewässer für Menschen und Tiere wichtig?

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Naturnahe Flüsse verlangsamen den Wasserabfluss. Dies ist im Hinblick auf die zunehmenden Hitzeereignisse aufgrund des Klimawandels für viele kältebedürftige und stark gefährdete Fischarten wie die Forelle besonders wichtig, aber genauso für die Landwirtschaft. Bei Starkregen vermindern naturnahe Flüsse zudem das Hochwasserrisiko und Überschwemmungen in bewohnten und landwirtschaftlich genutzten Gebieten.

Natürliche und revitalisierte Fliessgewässer leisten einen wichtigen Beitrag zur Speicherung des Grundwassers, zum Schutz vor Erosion und zur Reinigung des Wassers. Sie bieten diese Dienste auf natürliche Weise. Revitalisierungen von Gewässern sind somit eine sinnvolle und äusserst wirkungsvolle Alternative zur bedeutend teureren grauen Infrastruktur, bestehend aus massiven und immer höheren Beton-Dämmen, längeren Kanälen und teuren Wasseraufbereitungsanlagen.